Reisebericht Tunesien „Die letzten Tage“ 2019

Tunesien- 13. Januar- 18. Januar 2019

Text und Bilder: Tjorven Schröder

Der sechste Tag unserer Reise begann mit der Verabschiedung der Gruppenmitglieder, die die kurze Variante gebucht hatten. Sie verliessen uns gegen 08:00 Uhr und sollten an dem Tag vom „verlorenen See“ in Begleitung noch Douz fahren.

Wir starteten also, mit nur noch vier Teilnehmerfahrzeugen, zu einem nächsten Camp Platz, der wiederum im Nirgendwo liegen sollte. Der Trubel am „verlorenen See“ war uns zu viel, wir wollten in die Einsamkeit und nochmals die Ruhe der Wüste erleben. Es ging im Konvoi flott voran, doch auch unsere einheimischen Guides hatten manches Mal Mühe eine fahrbare Strecke für uns heraus zu tüfteln. Es ist erstaunlich wie zielsicher sie mit dem umgehen und den richtigen Weg finden, wie schnell sie sich aus einer kniffligen Situation, wenn auch sie einmal feststecken, wieder befreien. Mittlerweile konnten wir feststellen, dass auch wir sicherer waren im Umgang mit weichem Sand und hohen Dünen. Die ganze Gruppe musste an diesem Tag nur noch zweimal Winschen und gegenseitig herausziehen.

Steile Abfahrten über Dünenkuppen hatten auch ein wenig von ihrer Brisanz verloren, auch wenn es immer wieder spannend ist plötzlich nicht mehr den Horizont sehen zu können, weil das Auto sich mit der Schnauze 30° nach unten neigt. Einfach grossartig.

Gegen frühen Nachmittag kamen wir im vorgesehenen Camp an. Hier gab es, wie immer, ein lecker zubereitetes Mahl. Nach einer ausreichenden Pause wollten wir nochmals eine zweistündige Runde drehen. Diesmal würden wir alles überflüssige Gepäck und schwere Gegenstände im Camp lassen- es sollten die ganz hohen Dünen befahren werden und, je leichter dabei das Auto ist, umso besser. Schon im Vorfeld stieg die Aufregung wieder ein wenig an. Was würde uns wohl erwarten? Es war grandios, sich zwischen den Dünenhügeln durchzukämpfen- das Auf- und Ab glich einer Fahrt auf einem Schaukelkarussell. Hoch oben auf den Kämmen blies uns der Wind den Sand ins Gesicht und liess uns die Kraft der Natur spüren- es war grandios.

Heil und glücklich im Camp zurück schwelgten wir im gerade Erlebten.

Es sollte nicht das letzte Highlight des Tages bleiben.

Wir wurden abermals Zeugen, wie Brot urtümlich im Lagerfeuer gebacken wird- nach 20 Minuten Backzeit inmitten der Glut durften wir das knusprige Fladenbrot geniessen und Michael hat dazu als I- Tüpfelchen noch seinen Schweizer Käse zu Raclette verarbeitet.

Die Beduinen hatten ein wenig Bedenken, ob wir nach unserem ausgiebigen Apéro überhaupt noch hungrig wären. Sie hatten sich zum Nachtessen überlegt Tarte Tunisienne zu machen. Diese ist ihnen wirklich gelungen und wir assen sie mit grossem Vergnügen.

Was für ein Genuss! So liessen wir dann die letzten Stunden des Tages in gemütlicher Runde an uns vorbeigleiten und waren gespannt, was der nächste Tag bringen würde.

Der Montag sollte ähnlich beginnen, wie die Tour am Vortag aufgehört hatte: Über hohe, weiche Dünen erklommen wir so manchen Dünenkamm und mussten mit einigen Verschränkungspassagen immer wieder mal unsere Grenzen testen, und herausfinden, welche Neigung das Fahrzeug zuliess. Wir merkten an unserer Fahrweise, dass die ersten Tage der Wüste eine grosse Lernkurve bei allen bewirkt hatten. Das Winschen blieb fast gänzlich aus und schwierige Dünenlöcher konnten mit mehr Routine leichter durchquert werden.

Mitten in einer Ebene, bei den drei heiligen Bergen, wurde uns dann eine weitere Kuriosität der Landschaft gezeigt- Der Telefonfelsen. Tatsächlich hatte man in einer Vertiefung dieses Steines Handy- Empfang, was in der sonstigen Umgebung nicht der Fall war.

Der nächste Tag führte uns über niedrigere Dünen, die abermals mehrheitlich aus weichem Sand bestanden. Das war zwar einfacher zu fahren, aber aufgrund des weichen Untergrundes nicht unwesentlich weniger möglich sich festzufahren- wir schafften es aber ohne Verzögerung durchzukommen und so bewegte der Tross sich in schwingendem Auf und Ab der Dünen in gleichmässiger Bewegung.

Wir kamen an einem Brunnen vorbei, aus dem wir Wasser schöpften und in den Trog leerten für die vorbeilaufenden Tiere.

Auch sahen wir ein etwa zwei Tage altes Dromedar mit seiner Mutter frei herumlaufen- ein toller Anblick.

Unser letztes Wüstencamp war schon wieder Richtung Zivilisation, auch wenn wir sie noch nicht sahen, aber wir hatten Handyempfang… so sah man nach und nach jeden von uns auf einer Düne stehen mit dem Handy in der Hand, hoch über dem Kopf, um die News der letzten 5 Tage zu erhaschen. Es ist ja schon ein wenig merkwürdig, wenn man in unserer heutigen Zeit ohne Kontakt zur Aussenwelt dasteht. Zum Teil ist es aber auch sehr befreiend, einmal nicht Tag und Nacht erreichbar zu sein. ,Aber wenn man es dann ist, will man auch wissen, ob etwas Wichtiges in den vergangenen Tagen passiert ist, auch wenn das dann doch meistens nicht der Fall ist.

Der nächste Morgen liess uns mit einem herrlichen Sonnaufgang erwachen. Ein schöner Abschluss unserer Wüstentour, denn heute sollten wir die Wüste am Nachmittag verlassen und in Douz auf dem Campingplatz übernachten. Unterwegs fuhren wir durch die gefährliche Salzwüste „Chott el Djerid“ und sammelten noch Sandrosen
ein. Diese wundervollen Gebilde entstehen durch schnell verdunstende Oberflächenfeuchtigkeit, wodurch Kapillarkräfte das Grundwasser nach oben fördern. Die in diesem Wasser gelösten Salze kristallisieren und bilden zusammen mit dem Sand die charakteristischen, blattförmigen Strukturen. Unser letztes Mittagsmahl bestand aus einem gut durchgegrillten Barbecue von Lamm–Kotelettes. Es fand in einem verlassenen Fort statt, welches eine hervorragende Kulisse bot.

Hier pumpten wir wieder Luft in die Autoreifen, um unsere Gefährte wieder Strassentauglich zu machen. Die Wüste war nun zu Ende.

Am Nachmittag trafen wir dann auf dem Campingplatz ein. Wir verabschiedeten unsere Kochcrew, die uns in den letzten Tagen in ihrer Wüstenküche mit hervorragenden Gerichten verwöhnt hatte. Jeden Tag hatten wir auf’s neue gestaunt, was sie für uns zauberten.

Der Campingplatz, der von einer Französin mit viel Hingabe gehegt und gepflegt wird, brachte uns in die Zivilisation zurück. Endlich wieder eine Dusche und fliessendes Wasser und auch der Wein sind nach Tagen der Entbehrung wie ein grosser Schatz zu würdigen.

Im Ort herrschte reges Treiben, es war Gemüsemarkt. Überall wurden etliche Sorten von Mandarinen, Orangen und allerlei mehr feilgeboten. Es surrte und flirrte um uns herum mit Mofas und Menschen.

Unsere kleine Gruppe traf sich zum Nachtessen auf dem Campingplatz und so manches Erlebnis der letzten Tage wurde nochmals rekapituliert. Wir waren inzwischen ein wenig mehr zusammengewachsen als in der grossen Gruppe.

Die Nacht war ungewohnt laut- Tierstimmen, Autos und Mofas waren zu hören. Für uns ungewohnte Geräusche nach all der Stille der Wüstennächte. Am frühen Morgen riss uns dann der Muezzin mit gellendem Ruf zum Gebet aus dem Schlaf. Zum Glück hatten wir geplant, um 07:00 Uhr zum hiesigen Tiermarkt zu gehen. An Ausschlafen wäre nicht zu denken gewesen.

Es scheint, dass jeder Tierbesitzer der Umgebung seine Tiere hier anpreist. Es sind vor allem Ziegen und Schafe, aber vereinzelt auch Dromedare und Pferde, die auf den Ladeflächen der hier üblichen Pickups hergefahren werden. Auch hier wieder ein buntes Treiben, welches zu Beginn des Marktes noch ein wenig hektisch anmutet. Jeder bekommt seinen Platz zugeteilt, die Tiere müssen abgeladen werden und dann an Seilen angebunden werden.

 Wir entfernen uns nach einem ausgiebigen Rundgang, sind aber froh, dass wir auch dieses Spektakel noch miterleben durften. Um 08:30 werden wir von Habib, unserem Guide und zwei seiner Mitarbeiter, abgeholt, die uns noch bis El Hamma begleiten. Dort verabschieden wir uns herzlich auch von ihnen und entschliessen uns, bis zu unserem Hotel in Tunis durchzufahren.

Den letzten Abend verbringen wir bei einem leckeren Fischmenu zusammen mit einem Mittelsmann von Michael in gemeinsamer Runde, bevor es am frühen Morgen auf die Fähre nach Genua geht.

Es war eine tolle, ereignisreiche und lehrreiche Reise. Wir haben sehr viel über Land und Leute kennengelernt, grandiose Landschaften gesehen, das Fahren im Sand, Winschen, Schaufeln und sonstiges Bergen von Fahrzeugen erlebt. Wir kommen wieder, ganz bestimmt.