Schottland Reisebericht 2018
„Kilts and Castles“
Um es vorweg zu nehmen: Die Reise Kilts and Castles in Schottland hat alle Erwartungen erfüllt, wenn nicht übertroffen. Siggi und Michael haben uns auf sorgsam ausgewählten, wunderschönen Strecken zu sensationellen Ausblicken, zu typische Lokationen und zu hervorragendem Essen geführt. Die Organisation war perfekt und unerwartete Ereignisse, wie eine ausgefallene Fährverbindung, wurden mit leichter Hand umgangen. Ausgangspunkt war Orban, einem malerischen Örtchen an der schottischen Westküste mit Fähre zur Hebrideninsel Mull. Im Oban Bay Hotel an der Bay mit Ausblick auf die vorgelagerten Felseninselchen, war Treffpunkt.
Beim Briefing wurde klar, wie groß die Gruppe war. Autos aus allen Gegenden Deutschlands, eines aus Österreich und eines aus der Schweiz hatten sich auf den Weg nach Schottland gemacht. Insgesamt kamen 12 Wagen plus 1 Führungsfahrzeug zusammen. 24 Menschen, die sich darauf freuten, 5 Tage hintereinander her fahren zu dürfen. Offroad fahren gehörte weniger zum Programm, denn das ist auch in Schottland wahrscheinlich nur auf privatem Grund möglich. Mein Bergegurt kam deshalb nur einmal zum Einsatz, als eine entgegenkommende und von der plötzlichen hohen Verkehrsdichte überraschte Schottin, den Pickup ihres Mannes vom Asphaltband der Single track road in den Morast der Insel Sky lenkte.
Die Fahrzeuge unserer Gruppe bestand aus jeweils zwei 90iger und 110er Defendern, zwei Land Cruisern, zwei SUV, einem Disco, einem Pickup, einem Jeep und einem G. Die Vielfalt der Fahrzeuge entsprach der Vielfalt der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Die interessante Mischung führe dazu, dass es bei keiner Mahlzeit, am Abend oder den Pausen an Gesprächsstoff mangelte. Es wurde viel gelacht, aber auch ernsthafte Themen diskutiert.
Die Frühstücke konnte man Tag für Tag steigern. Zunächst noch vorsichtig, eher auf kontinentalem Terrain, mit Tost und Konfitüre. Dann, schon britischer, mit Spiegelei und Speck, um zum Schluss beim full scottish breakfast zu landen. Da kommt zu allen bereits genannten Positionen noch Haggis und black pudding, eine Art Haferblutwurst, dazu. Bei Bedarf kann dem noch eine Schüssel Porridge vorangestellt werden.
Ein so gestärkter Körper braucht mindesten 7 Stunden, um das Frühstückserlebnis zu vergessen. Das Mittagessen war deshalb für manch einen eher überflüssig.
Zum Dinner wurde stets ein Menü mit Auswahlkomponenten (Fisch, Fleisch, vegetarisch) angeboten. In der Regel drei Gänge. Heimische, qualitativ hochwertige Produkte, sehr feine Rezepte und beste Verarbeitung machten die Reise auch kulinarisch reizvoll.
Castles
Auf der Reise standen, neben der überwältigenden Natur, den Single road tracks, die sich dem natürlichen Gelände folgend auf und ab schlängeln, die Castle-Besuche im Mittelpunkt. Wir besichtigten von Innen und Außen Duart-Castle des Clans MacLean und GlenGorm-Castle auf Mull. Beide Gebäude stehen in feudaler exponierter Lage. Einer der Höhepunkte war der Empfang und das Essen auf GlenGorm-Castle. In der Halle wurden wir mit Drinks begrüßt und im Speisesaal mit großartigem Ausblick gab es ein traditionelles schottisches Gericht aus eigenen Produkten der Farm.
Geländewagenreisende sind in der Regel bodenständige, naturverbundene und praktisch denkende Menschen. Der Hausherrin von GlenGorm-Castle wurde deshalb die Frage gestellt, wovon die Schotten, besonders die Inselbewohner, leben. Sie nannte die Fischfarmen, Viehzucht und die Whisky Produktion. Tatsächlich habe ich im Internet die Aussage gefunden, dass das Buttosozialprodukt Schottlands etwas über dem von England liegt – und das ohne Anrechnung der vor der schottischen Küste liegenden Ölvorkommen der Nordsee.
Am letzten Tag unserer Reise stand Eilean Donan Castle auf dem Programm. Der Anlaufpunkt für jeden Schottlandtouristen. Aber, man muss da gewesen sein. Man konnte den Fotoapparat so auf das Schloss richten, dass weder Busparkplatz, Toilettenhäuschen oder andere touristische Infrastruktur zu sehen ist.
Das Castle ist very typical scottish und wurde für die Aufnahmen zum Film der Highlander genutzt. Auch das zieht die Menschen massenhaft an. An einem weiteren Punkt unserer Reise war dieser Effekt noch auffälliger. In Glenfinnan steht ein Monument, das an Bonnie Prince Charlie erinnert. Sein richtiger Name war Charles Edward Louis Philip Casimir Stuart und der wollte 1745 den schottischen und englischen Thron für die Stuarts zurückerobern. Bei Glenfinnan ging er an Land um mit dem schottischen Clans eine Armee zu formieren. Es war aber zunächst keiner da, außer den MacDonalds.
Wie es der Zufall will, liegt 500 Meter hinter diesem historischen Boden der Eisenbahnviadukt über den River Finnan. In den Harry Potter Filmen fährt der Zug nach Hogwarts über diesen langgezogenen und in einer Kurve verlaufenden Viadukt. So schenken 90 % der Touristen nicht mehr der schottischen Geschichte ihre Aufmerksamkeit, sondern gehen direkt zum Viadukt. Vielleicht denken sie dabei auch an MacDonalds, ich fürchte aber auch in anderem Zusammenhang.
Whiskey
In Schottland gibt es über 100 Whisky-Destillerien. Lt. „myhighlands.de“ werden weltweit jede Sekunde 40 Flaschen schottischer Whisky verkauft. Wir hatten die Möglichkeit in Tobermory auf Sky eine 1798 gegründete Brennerei zu besichtigen. Mit (whisky-) rauchiger Stimme und schottischen Akzent erklärte ein Mann, dem man augenscheinlich abnahm, alles über Whisky zu wissen, den Produktionsvorgang. Die Destille selbst bestand aus eine Reihe zusammen gewürfelte Häuschen, die sich an die Klippe schmiegten. Der Schatz der Brennerei war in einem der Häuschen hinter schweren eisernen Gittern, mit dem Schild: Ruhe! Schlafender Whisky, zu sehen. Die Holzfässer mit den Jahreszahlen der Produktion drauf. Die anschließende Verkostung verschiedener Sorten – mit und ohne Wasser – hatte das Ergebnis, dass der Teil der Menschen in unserer Gruppe, die bisher keinen Whisky tranken, auch weiterhin keinen trinken werden, während es sich bei der anderen Hälfte umgekehrt verhielt.
Fähren
Die Inseln sind unter einander und vom Festland durch Fähren verbunden. Wir nutzen dreimal diese Form der Fortbewegung. Vom Festland zur Insel Mull und an anderer Stelle wieder zurück. Und von Sky aufs Festland. Wegen schlechtem Wetter war die Fähre zur Insel Sky nicht in Betrieb und wir nutzen alternativ die Brücke bei Kyle of Loch Alsh.
Die letzte der Fähren war eine Besonderheit. Ein fragil wirkendes kleines Schiffchen, mehr Ponton mit Motor wie Schiff, schaukelte auf das Ufer zu. Die Installation an Land bestand aus einer Betonrampe am Ende einer Single track road zwischen den Klippen, einem verlorenes Häuschen mit einer ausrangierten roten Telefonzelle und dem Schild: Unter normalen Umständen möchte die Crew Mittagspause zwischen 1 und 1.30 machen. Die Besatzung der mit max. 6 Fahrzeugen beladbaren Fähre bestand aus 2 Hunden und 2 Männern. Das Schiff wurde mit Motokraft gegen die Betonrampe gedrückt. Ein Mann und die Hunde sprangen an Land. Ein Hund markierte eines unserer Fahrzeuge. Wahrscheinlich um später festzustellen zu können, wann es wieder zurückfährt.
Welche Marke er bevorzugte, verschweige ich. Mittels Muskelkraft und Federunterstützung wurden zwei Auffahrtrampen ausgeklappt. Die Autos fuhren vorwärts auf das schwankende Gefährt. Klappe hoch. Der Mann stemmte sich gegen die Reling und drehte die Platte, auf der die Autos standen, um 180 Grad auf dem Ponton, so dass die Autos wieder in Fahrtrichtung landen konnten. Genial. Dass drei Fahrten notwendig waren, um unseren Konvoi auf die Landseite zu schaffen, steigerte nur das Vergnügen. Die Insel Sky machte ihrem Namen alle Ehre, denn wie es der Zufall wollte, bekamen wir ein Zimmer im wunderschön gelegenen Landhotel Diusdale House mit einem Himmelbett. Das traditionelle Ambiente des Hauses, mit schweren Sesseln und Sofas am offenen Kamin, setze sich in den Zimmern fort. Very british. Dass sich in den meisten Fällen die bereits 1940 erfundenen Mischarmaturen für Wasser in Schottland bislang noch nicht durchsetzen konnten und deshalb warmes Händewaschen nur durch schnelle Handbewegungen zwischen einem Wasserhahn mit kochendem und einem gegenüberliegenden mit eiskalten Wasser möglich ist, gehört auch zu den liebenswerten Dingen in Traditionshäusern, die das Leben komplizierter machen. Abschließend zu den Übernachtungen kann man sagen, dass Himmelbetten von außen weit spektakulärer wirken als von innen. Nachts sind alle Betten grau.
Die Insel Sky machte ihrem Namen alle Ehre, denn wie es der Zufall wollte, bekamen wir ein Zimmer im wunderschön gelegenen Landhotel Diusdale House mit einem Himmelbett. Das traditionelle Ambiente des Hauses, mit schweren Sesseln und Sofas am offenen Kamin, setze sich in den Zimmern fort. Very british. Dass sich in den meisten Fällen die bereits 1940 erfundenen Mischarmaturen für Wasser in Schottland bislang noch nicht durchsetzen konnten und deshalb warmes Händewaschen nur durch schnelle Handbewegungen zwischen einem Wasserhahn mit kochendem und einem gegenüberliegenden mit eiskalten Wasser möglich ist, gehört auch zu den liebenswerten Dingen in Traditionshäusern, die das Leben komplizierter machen. Abschließend zu den Übernachtungen kann man sagen, dass Himmelbetten von außen weit spektakulärer wirken als von innen. Nachts sind alle Betten grau.
Es gäbe noch viel zu schreiben über die fünf Tage unserer Tour. Zum Beispiel die Tankstelle, an der 13 Fahrzeuge eine Ewigkeit schweigend aufeinander warteten, ohne voneinander zu wissen, dass alle Tankvorgänge längst abgeschlossen waren oder die Herde Highland-Rinder, die mit schlafwandlerischer Körperbeherrschung ihre Hörner millimetergenau am Blech unserer Fahrzeuge vorbei lavierten oder die Drums and Pipes Band am Abend im Hotel Isle of Mull oder…oder
Karin und Heinrich
Fotos: Reinhard Stüwe