Reisebericht Trans-Tunesien-2018

Tunesien zehn Tage „Sahara Extrem“ Februar/März 2018

Bericht und Bildnachweis von Andrea Brunner

Wer sich für diese Art von Touren interessiert, hat bestimmt schon den gleichnamigen Bericht von 2017 gelesen. Die Routen über das Dünenmeer des Grand Erg Oriental und die Herausforderungen waren in Vergleich sehr ähnlich.

Meine Lieblingserinnerungen sind die warmen Quellen, die wunderbare, betörend duftende Blütenpracht mitten in der Wüste und die Teams, die mich dabei begleiteten.

Wie letztes Jahr sorgte ein Hand voll Männer für herrliche Speisen, abendliche gute Unterhaltung begleitet vom Beduinengesang mit Feuer, frischem Fladenbrot und professionellem Geleit durch scheinbar unwegsames Gelände.

Das Gelände, die Topographie und die zu befahrenden Untergründe haben mir neue Horizonte eröffnet. Hier habe ich endlich verstanden, warum die Wüste in der schöngeistigen Literatur gerne mit dem Meer verglichen wird.Auf dem Meer braucht man Kompass, Radar, GPS und in der Wüste hatte fast all dies unsere Leitung Michael Ortner mit an Bord.

Ich hatte keine Orientierung, natürlich hilft der Sonnenstand, nur bei Sandsturm nicht, da man nichts mehr sieht. Dünen und Himmel verschmelzen miteinander. Steffen, der im vorangegangenen Bericht bereits erwähnt wurde, ließ ab und zu seine Drohne steigen und fliegen um sich auch auf diese Art und Weise einen Überblick über die Dünenlandschaft zu verschaffen.

4x4-Experience, Trans-Tunesien Sahara Extrem

Baden in Verlorenem See

Schon am ersten Tag in der Wüste machten wir uns mit dem Befahren der Dünen bekannt. Bald merkten wir aber, dass unser Fahrzeug, ein Bremach TGR 35 4×4 Bj. 2003 mit aufgesetzter Wohnkabine höher und länger war (Höhe 3m, Länge 5,7m) als die anderen Fahrzeuge. Auch der Schwerpunkt lag höher. So trennten sich unsere Wege. Wir fuhren mit der Küchenmannschaft leichtere Strecken und trafen uns am nächsten Rastplatz. Diese Extratouren mit der Küchenmannschaft machten wir ein paar Mal.

4x4-Experience, Tunesien Sahara Extrem

Guide und Mechaniker genießen den Abend

4x4-Experience, Trans-Tunesien Sahara Extrem

Tembain

Im letzten Bericht wird auch von diversen Pannen und Unfällen erzählt. Wir hatten keine Unfälle aber Umfälle. Als wir wieder gemeinsam fuhren geschah es. Zwei Mal an zwei hintereinander liegenden Tagen lag unser dicker „Möbelwagen“ auf der Seite. In einer etwas herausfordernden Dünensituation mit recht weichem Sand, Schräglage und kaum Raum zum Manövrieren kam das Fahrzeug beim ersten Mal auf der Fahrerseite zum Kippen. Der Bremach lehnte sich ruhig und fast gemütlich an eine Dünenwand. Michael und sein Team bargen uns fachmännisch. Wir und das Fahrzeug blieben unversehrt, nur der Schreck saß in unseren Gliedern. Mit Michaels Seilwinde, ein bisschen graben und Reifen aufpumpen kamen wir wieder zum Stehen.

Der zweite Umfaller war etwas spektakulärer. Der Bremach landete auf der Beifahrerseite auf härterem Untergrund und lag flach auf der Seite. Wir kletterten aus der Fahrertür, sprangen in den weichen Sand und wieder wurde eine Bergeaktion eingeleitet. Beim Herausklettern entdeckte ich Blutspuren und ich wusste im ersten Moment gar nicht, von wem diese stammten. Von mir oder von Fahrer Wolfgang, meinem Kompagnon und gutem langjährigen Bekannten, der mir überhaupt diese Reise ermöglicht hat? Wolfgangs Ohrmuschel war verletzt. Das weiche Gewebe oberhalb des Ohrläppchens war eingeschnitten. Michael versorgte das Ohr fachgerecht und da uns der Schnitt recht groß erschien und es noch etwas zu Schweißen gab, wurde Wolfgang am folgenden Morgen nach Douz gebracht. Mit vier Stichen wurde das Ohr versorgt, die Halterung eines Stoßdämpfers geschweißt und am selben Abend trafen Fahrer und Wolfgang wieder im Lager ein. Der Rest der Gruppe verbrachte den Tag mit Dünenfahrten, Baden im „Verlorenen See“, Dösen und Mittagessen.

4x4-Experience, Trans-Tunesien Sahara Extrem

Frisch gebackenes Fladenbrot

Der Bremach und zwei Mann blieben im Lager zurück. Ich kam als Beifahrerin in den Genuss zusammen mit Steffen und seinem Land Rover Defender 110 TD 5 zum See zu fahren. Es war ein komplett anderes Fahrgefühl. Ungewohnt war im ersten Moment das Tieferliegen. Im Bremach hat man durch die hohe Sitzposition immer schön den Überblick. Im Landy jedoch hüpfte man beschwingt wie einst dort beheimatete Antilopen und Gazellen durch die Dünen. Das wendige Fahrzeug macht richtig Spaß und wir konnten Etappen überwinden, an denen der Bremach gescheitert wäre. Sogenannte Drei-D- Verschränkungen in engen kleinen Kuhlen und Fech-Fech-Sand – fein wie Mehl oder Staub – waren keine großen Hindernisse mehr!

Kurz bevor wir zurück zum Lager wollten, brach ein Sandsturm aus. Steffen und ich verloren manchmal die Spur unseres Vordermanns. Schließlich kamen wir wohlbehalten zurück, nur unser Lager hatte sich aufgelöst. Ein Zelt war umgeweht worden, das andere hing in den Seilen. Unsere beiden tapferen Wächter, die solang im Langer die Stellung hielten, suchten Schutz hinter einem kargen Busch. Viele helfende Hände errichteten wieder das Lager und bereiteten das Essen vor. Es gab wie immer etwas Feines und wir rundeten das Ganze mit einer europäischen Bierverköstigung ab. Der Sturm ließ wieder nach und wir setzten uns ans Feuer. Dann kamen auch schon Wolfgang und der Fahrer zurück aus Douz.

4x4-Experience, Trans-Tunesien Sahara Extrem

Am Verlorenen See

Am Tag darauf bekamen wir wieder unsere Lieblingsspeise. Dank des unfreiwilligen Ausflugs in die Stadt gab es wieder frische Eier. Diese braucht man für Brik, tunesische Teigtaschen. Wir bekamen die doppelte Portion und freuten uns wie Kinder über unsere Leib- und Magenspeise.

Unsere letzte gemeinsame Mahlzeit in der Wüste mit den Teams nahmen wir am Rande des Jebil-Nationalparks ein. Wir fuhren alleine nach Douz, immer am Zaun des Nationalparks entlang, auf einen Campingplatz und die wendigeren Fahrzeuge besuchten einen Abschnitt mit ganz weißem Sand und das Sandrosenfeld.

4x4-Experience, Tunesien Sahara Extrem

Blütenmeer im Wüstenmeer

Kurz vor der Abreise überreichte Michael mir eine ganze Kiste voller Sandrosen, die er für Wolfgang und mich gesammelt hatte. Ein wunderbares Souvenir, über das ich mich immer wieder erfreuen kann. Die Rückfahrt mit der Fähre war angenehm. Das Klima erlaubte es mir, den ganzen Nachmittag an Deck zu sitzen, zu schlafen und die wichtigsten Gedanken für diesen Bericht aufzuschreiben. Nach dem Frühstück – ich hatte an diesem Tag Geburtstag – überreichte mir Michael völlig unerwartet ein Geschenk von ganz besonderer Art; eine Mütze aus Kamel- und Yakhaar aus der Mongolei mit 4×4- Experience-Logo. Ob der Witterungsverhältnisse in Europa kam sie noch recht häufig zum Einsatz und sie wird auch nächsten Winter gute Dienste leisten.

 

4x4-Experience, Trans-Tunesien Sahara Extrem

 

Sehenswürdigkeiten auf der Route:

  • Herrliche Tafelberge: Dekanis. Tembain, Anhöhe mit Café und Handyempfang
  • Ksar Ghilane mit Oase und kleinem ca. 38 Grad Celsius warmen„Badesee“, Cafés und WiFi.
  • Verlorener See, knapp 40 Grad Celsius, beide Seen entstanden durch irrtümlich vermutete Erdölquellen
  • Festung Tisavar nahe Ksar Ghilane; frz. Wüstenfestung erbaut auf römischen Fundamenten